24. September 2020
Springkraut und Intuition – vom Wunder des richtigen Zeitpunkts.
Neulich im Wald trafen der Hund und ich auf eine kleine Kolonie der Gattung Impatiens – ein grossartiger Name übrigens für das Gewächs, das man nicht zwingen kann. In den fast 50 Jahren meiner innigen Springkrautliebe habe ich gelernt, dass ungeduldige Menschenfinger die Früchte immer nur zerquetschen werden – sehr unbefriedigend und ein Zeichen dafür, dass die Zeit noch nicht reif war. Wer sich je von dem Moment hat mitreissen lassen, in dem die Kapsel auf den Hauch einer Berührung von ganz alleine aufspringt, weiss hingegen, wie sich der richtige Zeitpunkt anfühlt. Neulich im Wald war das – ganz plötzlich und ganz klar – eine Erkenntnis, die sich groß anfühlte. Und die ich gern unter den Bäumen hervor in mein Leben einladen möchte.
In aller Schlichtheit.
Denn was nachklingt, ist vor allem die Hochachtung vor dem, was IST – unabhängig vom eigenen Wünschen. Das ist nicht neu und doch ist es eine Perspektive, die alles verändern kann: sie ermöglicht mir, mich im Lauf der Dinge stimmiger zu bewegen. Wenn wir als Menschen aufmerksamer werden für die vielfältigen Rhythmen, die das Leben auf diesem Planeten beeinflussen, wird es leichter, mit ihnen im Einklang zu sein. Einfacher, uns dem Moment anzuvertrauen, statt uns ihm aufzudrängen mit unseren Zielen, Plänen und Überzeugungen.
Natürlich gehören Vorausschau und Vorbereitung zum verantwortlichen Umgang mit unserem Hiersein. Natürlich ist es immer wieder notwendig, Entscheidungen auf Grundlage von Werten, Interpretationen und Verabredungen zu treffen. Aber was, wenn wir darüber hinaus als Rahmen allen Handelns eine innere Haltung kultivierten, die offen macht für – das Leben? Was, wenn wir uns darin übten, geschmeidig mit all dem zu tanzen, was uns begegnet?
Was für ein wunderbarer, befreiender Gedanke.
Wir könnten uns der Musik des Unerwarteten hingeben, den Mut aufbringen, die Zügel der Kontrolle zu lockern und uns der Intuition zu überlassen. Wenn sich Veränderung vor uns auftut, könnten wir angstfrei aus der Weite heraus agieren. Auf die Welt um uns und in uns lauschen und erkennen, wann das Kraut bereit ist für den Sprung.
Und wir für die Überraschung.
Meditationsvorschlag der Woche
* Finde einen angenehmen Sitz, würdevoll und gelassen
* Komm an in der wertfreien Betrachtung Deines Atems – so, wie er jetzt gerade ist
* Erlaube dem Ausatem, Dich in die Ruhe zu geleiten, mühelos und angenehm
* Beobachte, ob Du am Ende des Ausatems eine kleine Pause wahrnehmen kannst
* Mach Dich sensibel für dieses natürliche Innehalten, ohne den Atem zu beeinflussen
* Lass am Ende der Pause den Einatem von ganz alleine kommen, ohne ihn machen zu wollen
* Geniess den ganz eigenen Rhythmus DEINES Atems in DIESEM Moment
* Überlass Dich dem ganz eigenen Rhythmus Deiner Lebendigkeit
* Überlass Dich dem Wunder!
Fast eine Bebilderung:
Ein kleiner, skurriler Film aus dem wahren Leben, inszeniert von der BBC.
Die Rhythmen, der Mond.
Eine von vielen Möglichkeiten, sich einzuschwingen – unbekümmert und
voll pragmatischer Experimentierfreude.
Übrigens:
Auch, wenn Du gerade was ganz anderes vorhattest –
warum nicht einen Tanz lernen und genau JETZT den richtigen Zeitpunkt dafür sein lassen?