14. Mai 2020
Wer wenn nicht wir, wann wenn nicht jetzt –
ein entspanntes Plädoyer fürs gemeinsame (Nach-) Denken und Handeln
Wir leben gerade in einer Zeit, die reif ist für grundlegende Veränderung.
OK, wir leben IMMER in so einer Zeit. Leben ist Veränderung, jeder Atemzug neu und alles Große beginnt mit einem ersten Schritt. Dennoch – es liegt eine ganz eigene Dynamik im Ausnahmezustand. Er schreckt uns auf aus dem status quo, irritiert und ermöglicht die Frage: ist das wirklich das Leben, das ich leben möchte? Die Welt, in der ich leben, die ich weiter so gestalten möchte? Denn auch wenn die meisten von uns nicht Jeff Bezos sind oder die Königin von Deutschland: wir haben alle einen Handlungsspielraum. Gesellschaftliche Systeme basieren immer auch auf Vereinbarungen, auf dem täglich neuen Herstellen von Realität durch jede einzelne. Amazon hat nur so viel Reichweite, wie es Dinge verkauft, Donald Trump kann nur solange Präsident spielen, wie die Menschen ihm ihre Stimme geben – und die Abwrackprämie ist nur dann ein katastrophaler Schachzug, wenn sie genutzt wird.
Wir können mit dem Stützen von Schräglagen aufhören, wo und wann immer es uns auffällt. Wir können den Mut aufbringen, hinzusehen und das Veränderungswürdige vielleicht erstmal als solches benennen. Alles, was ist, kann hingenommen oder hinterfragt werden. Wobei wir wieder beim allerersten Blogbeitrag dieses Frühlings angekommen sind:
gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Diese Zeit, in der es auf einmal möglich war, „den Zug des Fortschritts mit einem großen Bremsenquietschen augenblicklich anzuhalten“, wie Bruno Latour es formuliert, hat ein Geheimnis gelüftet: der Weg, auf dem wir uns als Gesellschaft befinden, ist nicht unumkehrbar. Was für eine Kraft liegt in diesem Wissen! Und was für ein Zauber in der Vorstellung, diese Kraft zu nutzen! Vielleicht ist ja jetzt, inmitten der Zäsur, ein guter Moment für klares Hinsehen und gelassenes Reflektieren über das eigene Leben in dieser Welt. Dazu: erstmal ausatmen. Ausatmen und still werden. Und dann vielleicht: ins Gespräch und ins Gemeinsame gehen. Versuchsweise Keimzellen bilden, zu zweit, zu fünft, zu vielen. Wir können uns anschliessen, wo welche schon losgelaufen sind (zum Beispiel hier oder da oder da oder da oder da oder da) oder selbst etwas beginnen. Gemüse einkochen, eine Food-coop gründen oder eine kleine Meditationsgruppe für eine bessere Welt. Vielleicht fällt uns im Ausatmen ja auf, dass wir glücklich sind mit dem, wo wir sind, das ist ein großes Privileg. Oder dass die Welt ein besserer Platz wäre, wenn wir mehr zur Ruhe kämen in unseren Tagen. Vielleicht ist es passend, erstmal hinzusehen; zum Beispiel gemeinsam das degrowth Handbuch zu lesen, über Naomi Kleins Green New Deal zu diskutieren und zu kucken, was das mit uns macht. Wir könnten auch erstmal ins Gespräch kommen und sehen, ob aus dem Austausch Ideen entstehen können, Bündnisse, Wege. Wofür auch immer wir uns entscheiden: möge es eine freie Entscheidung sein und möge es aus der Liebe kommen. What if we just start with a song?
Positive Gruppenenergie der Woche:
Vorschlag: alle, die mögen, widmen am Sonntag, den 17. Mai, morgens um 10 Uhr, zwanzig Minuten dem gute_Energie_Verbreiten. Jede*r von Euch am Ort Eurer Wahl – und doch alle gemeinsam. Ihr könnt Euch in Eure liebste Meditation versenken, ein Ritual performen, ein paar Sonnengrüsse üben oder mit dem Hundetier an der Seite und der Teetasse in der Hand in der Wiese sitzen und „blöd schaugn“. Ob in Prag oder in Heiligenberg, Darmstadt oder Bruckfelden: lasst uns das Leben feiern, in aller Stille.
Musikalisches Gemeinschaftserlebnis der Woche:
playing for change – und noch mehr playing for change. Dank an Ute.
Buch der Woche:
Eine andere Welt ist möglich – Aufforderung zum zivilen Ungehorsam von Vandana Shiva.