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9. April 2020
Kontaktverbot – eine Masseurin denkt über Berührung nach.

Wenn Sprache Realität schafft, ist der behutsame Umgang mit Worten eine prima Sache.
Und wenn es sich so anfühlt, als würde Realität gleichsam über meinen Kopf hinweg festgelegt, ist es wieder mal höchste Zeit, die Perspektive zu wechseln. Aufmerksam zu werden, in diesem Fall, für den begrenzenden Blick auf Kontakt, auf Berühren und berührt werden.  JA!, möchte ich dann von den Balkonen rufen: bleibt in Kontakt, auch über die Distanz, lasst Euch berühren und berührt andere. Findet immer wieder aufs Neue heraus, was Verbindung für Euch bedeutet.

Und NEIN, natürlich ignoriere ich dabei nicht die Wichtigkeit physischer Berührung in unserem Leben. Ich wäre eine seltsame Masseurin, wüsste ich nicht um deren Kraft, ihren Einfluss auf eigentlich alles, von der Seele bis zum Immunsystem. Deshalb würde ich Euch auf dieser Ebene auch gerade alles empfehlen, was sich gut anfühlt. Mit den Händen in der Erde, dem Gesicht im Wind, dem Baum im Arm den Moment geniessen – oder mal ganz bewusst und experimentell alles, was Ihr anfasst, mit Freundlichkeit und Achtung berühren. Ein haptisches Feuerwerkt wartet. Wenn Ihr zudem noch eine Katze, einen Hund oder sogar die Lieben bei Euch zu wohnen habt: umso besser. Fühlt Euch beschenkt.

Wichtig ist das Anfassen, ja. Und doch und gleichzeitig und darüber hinaus..
eröffnet sich in Bezug auf Berührung noch ein viel weiteres Feld, wenn ich sie als Nähe zum Leben begreife. Als die Fähigkeit, in Beziehung zu gehen mit allem, was ist und allen, die sind. Wenn wir still werden, können wir mit den Wolken atmen, uns mit den Grashalmen verbinden und Geist und Körper – welch Wunder! – zur selben Zeit am selben Ort sein lassen. Das ist Kontakt, mit all seinen Untertönen von Geheimnis und Schönheit. Und ob uns das jetzt zum Weinen bringt oder zum Lachen, es ist ein fabelhaftes Muster für den Kontakt untereinander. Ob wir nun das Waldbaden mit anderen teilen oder uns Zeit für wirkliches Zuhören und echte Aufmerksamkeit nehmen – Berührung ist möglich. Und genau wie zu jedem anderen Zeitpunkt unserer Biographie können wir entscheiden, ob wir sie stattfinden lassen und wie wir sie gestalten. Bleibt grosszügig, so oder so oder anders, lächelt Unbekannten zu, seid nett zu den Blumen, weitet Euren Blick für die Welt und scheut in der Freundschaft auch nicht die ganz große Geste.

Es wäre einen Versuch wert, Berührung und Kontakt überall da zu feiern, wo sich gerade die Gelegenheit bietet. Freigiebig und nicht auf die eigene Bezugsgruppe, die eigene Generation oder das eigene Land beschränkt. Richtet Euren Blick auf Zusammengehörigkeit und lasst Euch nicht von geschlossene Grenzen beeindrucken. Seid Gemeinschaft, mit den Nächsten, den Bekannten, den Supermarktbegegnungen und all denen, mit denen wir uns eine Erde teilen.

 

Vorschlag der Woche: meditiert!
Angeleitet oder in Stille – es lohnt sich, das Verbundensein mal aus der Ruhe heraus kennenzulernen.

 

Ayurvedischer Vorschlag der Woche:
Ein sehr angenehmer Teil der klassischen Dinacharya – Morgenroutine ist die Selbstmassage. Wenn Ihr mit ihr vertraut seid, vergesst sie nicht. Wenn (noch) nicht, ist ein liebevolles und entspanntes Einmassieren Eures tollsten Körperöls im warmen Raum eine grossartige Alternative.


Buchvorschlag der Woche:

How to train a wild elephant and other adventures in mindfulness  (deutsch: Achtsam durch den Tag) von Jan Chozen Bays.
Wenn jetzt die Zeit ist, mit einer niedrigschwelligen, humorvollen Achtsamkeitspraxis zu beginnen, dann ist dies das Buch dazu. Wenn Ihr ausserdem noch einen lokalen Buchladen unterstützen wollt, tut das, zum Beispiel hier!